Brücke über der Millionenschlucht
Fußgängerbrücke Friedrichshafen
Text von Thomas Hirthe
Projektbeschreibung
Friedrichshafen wird durch Bahn und Bundesstrasse in Nord- und Südstadt getrennt.
Die Brücke über die Eckenerstrasse ist vorerst das letzte Bindeglied für Fussgänger und Radfahrer von der Nordstadt zum See.
Städtebaulich markiert ein Pylon den Schnittpunkt unterschiedlicher Verkehrs- und Sichtachsen und besetzt im Zusammenspiel mit der Bewegung des Brückenkörpers eine entschiedene Situation im Stadtbild. Der bisher abweisende Ort wird auch durch die Farbwahl von Brücke und Stützwänden wieder ins rechte Licht gesetzt.
Einzigartigkeit und Wirtschaftlichkeit
Die Ausformung des Brückenkörpers wie des Pylons zeichnet die Beanspruchung der Bauteile ablesbar nach. Als Dreiecksprofil reduziert sich der Balkenquerschnitt von der Einspannung an den Rändern zur Feldmitte bei einer Spannweite von über 36 m auf gerade einmal 600 mm.
Dies kommt auch der Durchfahrtshöhe zugute und ist einer der Beiträge zur Dynamik und Leichtigkeit des Bauwerks.
Der Pylon kommt ohne eigene Abspannung aus.
Dies wird ermöglicht, indem die äusseren flach angreifenden Abspannungen den Pylon sichern und die nach innen hin die immer steiler werdenden Seile zunehmend die Brücke halten.
Dadurch entsteht in der Formgebung die unverwechselbare „Seilharfe“. Gefaltet, nicht gelutscht: die gekrümmten Formen von Brückenkörper und Pylon setzen sich ausschliesslich aus unterschiedlich grossen scharfkantigen Dreiecken zusammen und ergeben so mit Licht und Schatten ein ganz eigenes Bild.
Die gesamte Stahlkonstruktion wurde aus 4 vorgefertigten Einzelteilen in etwas mehr als einer Nacht montiert ohne den Puls der Stadt zu stören. Die Konstruktion ist duplexbeschichtet und an jeder Stelle für spätere Revisionen leicht zugänglich. Verbundbaustoffe wurden vermieden.
Die opaken Glasbrüstungen wie auch die Farbe der Beleuchtung nehmen besonders auf Vögel und Insekten Rücksicht.
Ingenieurbaukunst
Der Entwurf basiert auf dem geübten Zusammenspiel der Arbeit von Architekt, Tragwerksplaner und sachkundigem Bauherren und lässt dies in jedem Detail wie im Ganzen ablesen.
Das setzt voraus, dass beide, frei von Eitelkeiten, die gleiche Sprache sprechen. So ist die Gesamtleistung auch nicht nur die Summe der Einzelleistungen der beiden Fachdisziplinen.
Das Idiom „form follows function“ wird hier gemeinsam umgesetzt.